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Der Landsknecht hebt den Kopf und stirbt
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Frundsberg nach dem Sturm auf Lodi

letzte aussicht

ich bin der herr tragt mich nun hin hoch auf den hügel zu schauen
noch die sonne zu fachen letztmals das brennen des herzens wieder

die lippen des tags vom honig voll und geronnen des nachts
weiberschweiß fließt von den hüften und bäche kochender milch

die blüten beugt leise der wind sie schlagen die augen nieder
vorm blut das lachend sich aus meinen schenkeln ergießt

wir trotzen dem greulichen schatten der wurmgleich herankriecht
die landschaft in tälern windend durchflucht mit sandiger stimme

ohne ziel im kreis geht angst die ebene tötet den schritt
auf kahlen ästen brüten die raben rote eier zu asche

die lunte gebt dem bischof er küre die pforte den untergang segne
er trommle den blütenwirbel im gebet hinter geschlossnen lidern

den leib küsste am altar ich meiner unermeßlichen einfalt
und folgte dem fisch der schlank meinen händen entglitten

gegen wen wirst du stockenden herzens ziehn unterm mond
und im nebel fremder worte hebst du die hand streckst beide finger

nimm abschied er stülpt dein innres nach außen das rote fleisch
sprich ja warum nicht komm frieden auf jene die dich begraben


volle schöne

schatten erzittern im feld dort verwunschener ähren spurlos
eine gnadenfrist für meinen tritt noch für meinen schatten

geleitet den augenglanz in euer zelt an die wärmende flamme
kühlt die stirn mir rasch zu löschen die gesichte rasender bilder

nicht trag ich die last ewiger erinnerung und all der ströme
allein des bluts der feinde und der freunde eignes und fremdes

noch einmal doch gib in die hände mir die brüste der vollen
die am weg stand nach pavia den sonnigen korb voller trauben

die zähne vielfach spiegelnd den zins verachteter früher jahre
samtener schoß salbeiumwachsen strömender duft des wermuts

die züge voll nehm ich noch einmal von ihrer haut und der wärme
die dehnend und spannend sich über mir schloß wie ein haus

laß zuletzt noch das glimmerlicht scheinen dieser druselnden augen
einer katze und einmal wieder greif in den vollen bauchspeck ich ihr

oh kühlt mir die stirn um so zäher entrinnt der lebendige gott
meiner hülle schwebend zeigt sich ihr bild in seinen händen

das blut überall und das herz es schlägt noch herausgerissen
aus dem schwall ihrer brüste und der viehischen schreie

rote fontänen dem hals entschlagen kleben die dunklen haare nieder
versenkt in der weiß leuchtenden kehle rund saugend und stürzend

in den flanken bebt das zittern fort beim erkalten der wedelnden augäpfel
wie ziegen werfen die hufe zuckend und spannen übers rückgrat den leib

oh volle schöne zu spät kam dich zu schützen mein leidender seufzer auch
schwang ohne salzigen trost dir nach röchelnd ins dickicht des fahlen krauts


verloren

ausgeritten im frühdunst bin zur jagd ich nach glänzenden gütern
immer und immer noch mehr zu richten die haufen elenden trugs

zartgehauchte pelze und heller demanten strahlender farben pracht
salz und pfeffer im überfluß desgleichen hundert sack ingwer und zimt

in venedig geladen stracks gefrachtet heimwärts im gespann gen norden
gold und geld und edelstein fein lächelnder geschäfte festes fundament

ein stark geeintes wolkenband kindlicher freude im nachtigallenrausch
endloser fahrten gehüllt in die eitlen farben zerstiebender seifenblasen

ein warmes nest für die wonne der tugend im kleinen herzen des besitzes
täuschung am rande schlammiger wege was scheren mich gesetz und sitte

in die pfützen fallen bücklinge brennende nadeln unter meine nackten sohlen
in den Blicken glänzt der haß mutloser hände zürnet ihr so sündigt nicht

der gierschlund schlägt an meinem herzen die tränen ungerechter hiebe
das harz andauernden elends tagein tagaus über die grenzen geschachert

stolz schreit ich über die alten worte aus den lungen räudiger kinder
jenes greises blick ein alptraum aus wimmelnden maden eigner wunde

achtlos wirft über den schweißtriefenden leib der schwangeren die sucht
meines genügens den verdorrten baum der atem fault ihr vorm mund


wegzoll

das gesicht aus kiefernrinde klopft den takt des mühlrads mit
oberschlächtig schwer gedanken sich als wegzoll senken

keiner rührt am hochmut der gottesfürchtigen narren
erkenne die nonnen gib acht auf ihre schönen glieder

wie welk ihre brüste auch sind frohlocke am tabernakel
gehe ein in das heilige sakrament des warmen lichts

zehrender fruchtbarkeit vollender breche das zügelnde siegel
ich trage die gewänder deiner worte unterm schein der morgenröte

mit grobem eisen weiß ich das gebet zu hüten
und soll kein zorn dawider den schrecken meines willens löcken

die strahlen der schrift ein endlos band der liebe
in meinen händen sucht der geist sich trost

über allen himmeln hoffen die könige der heere
ihre sehnsucht im blute der feinde zu stillen

sie lassen fließen den segen hinaus über die erde
rauh und unzerbrechlich klebt der schrund auf ihren augen

die vergebung sitzt tief in den höhlen der wälder
wo der jüngste tag zwischen eisernen bärenkiefern zerbirst


freiheit

tönerner schritt durch die saat kein baum kein strauch totes gras
die wellen graben sich ins nichts am ende aller welt

bedecke die furchen meiner angst mit schweigen
und fülle die segel des hasses mit dem atem des drachen

reiß mir die kleider herab und zähle die pfeile
die den tempel deiner botschaft fletschend umlauern

die bleiche kerze deines eifers hält die sinkende flamme zurück
meine wunde öffnet sich deiner welt die freiheit kennt kein erbarmen

nichts war und nichts bleibt hör ich freund hein vom thron
oh laß mir wenigstens die schuld das gespenst in der härenen kutte

die engel in reih höhnen nackt mit hallenden chorälen
die leere gießt sich in die form hohl schlägt der fromme klang

zunichte gähnt des nachbarn blick am rande allen erdenglücks
und weit am berge ararat ersäuft ein lamm im schnee

das überall der finsternis belauert die regelgerechten wunder
tote bücher verwehn im sand wortkristalle zerstieben im wind

auf den balkonen der macht feixen vag die skelette
wir unten erbitten uns rast nahtlos rucken die schlingen


kreuzestod

bäume ohne trauer wiegen im hauch deines sandigen röchelns
ihre hoheit im ehernen blick der verwunschenen weite bleicher träume

glöckchen trüben den wind an den ecken der abgründigen mauern
durch den weihrauch hinterm tor flüstert im dunkel die reue

auf den hügeln rings lauern die schatten vergebens
nimm die lanze nun endlich und füg dich der welt

glutrot fegt der essig herauf gefangen im goldnen mal
der hände aller leichen diesseits verheißener gefilde

folge den würfeln hisse dein elend hin über den horizont der höhlen
trage den mut deines grauens am offenen grab zwischen zunge und gaumen

die blumen wiegen sich im schritt zierlich auf kargem gestein
endlos das wehen ersterbender schmerzen im haar deiner liebe

gib mir ein letztes mal den himmel und koste mit mir die frucht
verschone das hämische lachen und gib ihm das letzte geleit

im spiegellicht jenes helms fährt der tödliche pfeil meiner wunden
ein rauschender blitz in die fährnisse tausend und tausender jahre

verzeih mir zum abschied die unzureichende qual deiner endlosen hölle
vergib mir das schweigen der wolken überm haupte der glücklichen braut


ankunft

in den hallenden gängen der berge noch folgte an leib und seele bloß
den fragen ich der bleiern sich wälzenden schwaden wehrloser stimmen

leicht flog hin der gruß zu jenen blinden gefangen in ihrer arbeit
mich hütete zorn vorm dehnen der rast im land wohlfeiler antwort

schwarze gewänder nun da alles geschehn trafen die guten und bösen
mitleid zeichnet ihre herzen und spiegelt im finstern licht sie ihrer augen

reißt meine glieder von den nägeln den vergifteten pfeilen ungläubiger brüste
bietet mir gierig die weide ertränkt mich im leim eurer schwitzenden blicke

noch fehlt das zeichen
noch regnen sterne nieder
noch scheun die krähn vor meiner angst
noch schlagen die lider
noch trommelt das herz
noch sticht der strahl gefieder

endlich mutter das letzte gebet in die nacht deines staubigen schoßes
wer war so gütig den strick am hals festzuzurrn meines atems

legt die karten beiseit nun und laßt mich allein mit meinem bruder dem baum
wir schicken uns drein und wandeln am saum des vergehns wie das gras

und nun kommt das licht das letzte sandkorn verbrennt
das ist der vater das ist nicht die hoffnung das bin nicht ich

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