Apocolocyntotika
 
Einiges aus dem Leben unsers Weihnachtsmanns
Eine biografische Skizze von Ernst Träuhertz jr.

Vorwort Als der würdige Herr Verleger Karl August Knappkaß, Editor der Reihe Berühmte Deutsche im kurzen Porträt, mich
ersuchte, das Leben unseres Weihnachtsmannes für seine Sammlung zu schreiben, habe ich mich diesem Geschäfte sogleich
willig unterzogen. Es war ein sehr schmeichelhafter Gedanke für mich, diesem allseits bekannten Helden unserer Tage und dem
Autor des berühmten Werkes Eine kurze Geschichte der geschenkten Zeit, dem Manne so vieler hundert Jahre,
dessen Namen ich schon in meiner frühesten Jugend mit Ehrfurcht und Bewunderung nennen lernte und wovon der bloße Laut,
noch jetzt, wenn ich ihn ausspreche, in mir die Vorstellung von Pfefferkuchen und brennenden Zimmerfichten sowie der
Ermahnung zur schönen Dankbarkeit zu erwecken im Stande ist, hier, in diesem dem Volke gewidmeten Werke, so ganz ohne den
Vorwurf von Zudringlichkeit das individuelle Opfer meiner Verehrung, sei es auch noch so geringfügig, darbringen zu können.
Ihm damit ein Denkmal stiften zu wollen, daran dachte ich nicht und konnte nicht daran denken. Die Abrechnung zwischen ihm
und mir über diesen Punkt war nur allzu leicht: Ich vermochte es nicht, und er, dessen Ruhm sich über den Äther verbreitet,
bedurfte dessen nicht. Allein dafür schien es mir bei meiner Absicht ebensowenig ganz unverdienstlich, als, nach einer
gewissen Schätzung, sonderlich schwer, in einer, jedem gewöhnlichen Leser von Erziehung verständlichen Sprache und ohne
Weitläuftigkeit zu erzählen, was der große Mann hauptsächlich leistete, was er war und wie er es wurde. So wie ich aber der
Ausführung selbst näher kam, und jener Enthusiasmus, der den ersten Entschluss begleitete, dem kühleren Geschäfte des
Biographen, und die dunkeln Gefühle deutlichen Begriffen und präzisen Bestimmungen weichen mussten, als ich harte Fakten zu
zählen und zu wägen anfing, die ich dort in trügerischem Vertrauen auf flüchtige Erinnerungen hin, ungezählt und ungewogen
in Anschlag gebracht hatte, änderten sich meine Vorstellungen von diesem Unternehmen. Mit der von der Verdienstlichkeit
unsers Weihnachtsmannes blieb es noch so ziemlich beim alten, hingegen verminderte sich die von der Gemütlichkeit desselben
um ein merkliches, und dieses brachte in mir eine gewisse Gemütsstimmung hervor, wovon man, wie ich fürchte, die Spuren
hier und da in der Erzählung selbst, nur zu deutlich bemerken wird. Ich will mich erklären. In einer Lebensbeschreibung des
Weihnachtsmannes, obgleich für eine populäre Schrift bestimmt, nur bloß in allgemeinen Ausdrücken von dessen Hauptverdienst
zu reden und etwa nur zu sagen, was man auch in den gemeinsten Schriften findet, wäre von der einen Seite ebenso
unschicklich gewesen, als es von der andern gewesen sein würde in ein zu großes Detail zu gehen. Nach dem gegenwärtigen
Zustande unsers Schul- und Bildungswesens konnte ich jenes wohl voraussetzen und habe es gewissermaßen auch vorausgesetzt;
in dieses hingegen mich einzulassen wäre, wo nicht gegen die Regeln der Biographie überhaupt, doch gewiss der Gattung
derselben gewesen, die sich nur allein mit dem Plane dieses Werks verträgt, worin doch immer vorzüglich auf jene Rücksicht
genommen werden muss, die sich mit Weihnachten und seinen tieferen Besonderheiten noch nicht in ausreichendem Maße befasst
haben. Wem daran gelegen ist, sich mit den ins Einzelne verästelten Leistungen, zumal denen eines deutschen
Weihnachtsmannes, bekannt zu machen, greift ohnehin nicht nach der Lebensbeschreibung wie sie hier vorliegt, sondern nach
anderen Mitteilungen oder nach den von ihm mitgebrachten Geschenken selbst. Ich habe mich daher hier aller Abbildungen und
folglich aller der empfindlichen Einzelheiten, die notwendig welche erfordert hätten, enthalten und mich mit bloßen Worten
begnügt. Hat doch schon der große Forscher Luzius Gambrinus von der Waldesruh in seinen sechs Büchern über Das Leben des
Weihnachtsmannes nur eine einzige Abbildung benutzt. Man kann hiergegen nicht einwenden, daß Gambrini Schriften bloß für
den Hausgebrauch zu verwenden seien. Denn dieses einzigartige Bildnis hätten ihm wohl selbst die Unkundigen, so wie ich sie
voraussetze, gerne erlassen, denn es handelt sich nämlich um eine ganz gemeine Darstellung des Weihnachtsmannes
privatissime bei der Pflege seelischer und körperlicher Befindlichkeiten. In seinem Leben des Weihnachtsmannes hat
Gambrinus zwar zwei Abbildungen, wovon aber die eine wiederum ein weihnachtmännliches Detail und die andere eine Figur
darstellt, die man eher zur Erläuterung des Worts bene potus in einem lateinischen Wörterbuche erwartet hätte, als hier.
Des Christkindes und des Nikolaus Biographien von eben diesem Verfasser haben gar keine Zeichnungen, so wie nachstehende
des Weihnachtsmanns. Eigentlich sagt aber alles dieses nur so viel: jene Lebensbeschreibungen enthalten keine Zeichnungen
für das Auge. Aber auch keine mit Worten für Phantasie und Verstand. Dieses wäre unmöglich gewesen, zumal in dem Leben des
Weihnachtsmannes, dessen Hauptverdienst gerade darin bestand, dass er, mit Sack und Rute bewaffnet, in dem großen Kampfe,
den die Trübsal von aller Macht des sinnlichen Scheins unterstützt, gegen zweitausend Jahre kindlicher Glückseligkeit
geführt hatte, endlich durch einen entscheidenden Schlag den Sieg auf die Seite der letztern lenkte. Dieses habe ich auch
mit Worten gezeichnet. Mein Bestreben dabei ging überall auf Kürze und Deutlichkeit. So sehr ich aber auch gesucht habe,
diese relativen Begriffe nach einem mittlern Grad von Fähigkeit und Kenntnissen im Leser für meine Absicht zu bestimmen, so
schwer fand ich es, mir in diesem Stück Genüge zu tun. Vielleicht ist aber auch hierin völlige Gleichförmigkeit unmöglich.
Dieses war ein Grund von jener Verlegenheit, aber nicht der wichtigste. Dieser lag vielmehr in dem Mangel an Einzelheiten,
den großen Mann so in seiner ganzen Schaffens-Individualität darzustellen, wie dieses bei einigen andern Männern möglich
gewesen ist, die bereits in der Bildergalerie berühmter Deutscher aufgestellt wurden. Es finden sich in den Berichten und
Akten vom Weihnachtsmann nur Weniges von den kleinen, oft gering scheinenden, aber stark charakterisierenden Zügen, die die
Biographien großer Männer so anziehend für den Leser, so aufmunternd und anspornend für den Verfasser selbst, und am Ende
für den Psychologen wie für das ganze Volk so wichtig machen. Freilich lebt der große Mann in seinem unsterblichen Werk.
Die Frage aber, die wir uns stellen ist, wie. Schier geht es so wie Knecht Ruprecht in seinen Sprüchen oder dem Christkind
mit seinen Haaren. Wieviel anders lebt nicht zum Beispiel eines seiner größeren Nachfolger, Haribos, Geist in dem seinigen,
und da sind seine Briefe nicht einmal in Anschlag gebracht, worin so manche einzeln hingeworfenen Gedanken und Gesinnungen,
so manche gewagte Idee, so mancher fast prophetische Blick über sein Zeitalter hinaus, so manche Anspielung, so mancher
große dichterische Zug, so manche Äußerung des sonderbarsten, oft glücklichsten Witzes, die sich in seinen Streitschriften,
ja bis in seine Vorreden und Widmungen hinein finden, dem aufmerksamen Leser einen der größten und außerordentlichsten
Menschen charakterisieren und individualisieren, die die Welt je gesehen hat! Ich kann mich hier unmöglich weiter erklären.
Allein wer nur das Wenige, was uns zu diesem Zweck vom Weihnachtsmann bekannt geworden ist, ansieht, wird wünschen, den
Geist, der in diesem Manne gelebt haben muss, näher zu kennen. Der Mangel an hierzu nötigen Zeugnisse, der größer ist als
ich anfangs dachte, konnte also unmöglich sehr aufmunternd zumal für jemanden sein, der Ursache hatte zu vermuten, er sei
deswegen zu dieser Arbeit ausersehen, weil er, mit Recht oder Unrecht, ist gleich viel, glaubte, er werde keine ganz
trocknen Personalien liefern. Es würde Vermessenheit von mir sein zu glauben, dass dieser Mangel wirklich ganz allein
objektiven Grund habe, und dass mir gar nichts entgangen sein sollte, was wirklich vorhanden ist. Ich habe vielmehr große
Ursache das Gegenteil zu vermuten, da mich oft bei meinen weihnachtlichen Forschungen der bloße Zufall dort auf manches
geführt hat, wo ich es gar nicht gesucht hatte. Auch konnte ich manchen Belegs nicht habhaft werden, wovon ich wusste, dass
er vorhanden war. Dahin rechne ich des Bischofs Bonifatius segnende Empfehlung, dieses bekannten großen Gönners des
Weihnachtsmannes und Beförderers seines Werks, ein Schriftstück, auf das sich die großen Forscher der Vergangenheit bei
einem besondern Umstande beziehen. Ferner auch Ignatius von Brabant im sechsten Band seiner Noelianischen Aufzeichnungen,
erschienen 1551 in Leipzig, wo er in der Vor-rede eines der wichtigsten Aktenstücke für das Leben des Weihnachtsmannes
erwähnt. Ich hätte es wenigstens einiger Vergleichungen wegen zu haben gewünscht. Denn was unser Hauptwissen, die dieses
Dokument enthält, betrifft, so hat der bereits erwähnte Gambrinus vermutlich das Beste benutzt, denn er bezieht sich sehr
oft auf dieses Buch und hat vieles daraus seiner Schrift zum Leben des Weihnachtsmannes wörtlich einverleibt. Endlich die
Publikationsreihe Das Churpreußisch-Dessauische Archiv, in dessen siebenundsiebzigsten Jahrgange eine Abhandlung zu Ehren
des Weihnachtsmannes von Herrn von Schlitzko und zwei, eine von Herrn Konsistorialpräsidenten Waldmann und die andere von
Herrn Pfarrer Buschhaus über einige Originalstücke vom Weihnachtsmann auf dem Schlosse derer zu Winterstein befindlich
sind. Diese Aufsätze sind, wie ich aus heimatlichen Blättern ersehe, bereits im vorigen Jahr in der Himmelpfortischen
akademischen Gesellschaft, deren Schriften jenes Archiv eigentlich ausmachen, vorgetragen worden. Aus jenen Reihen lässt
sich allerdings noch vieles erwarten, was zur Aufklärung der Geschichte dieses außerordentlichen Mannes dienen kann, zumal
wenn Männer von Herrn von Schlitzkos Tätigkeit und großen Bekanntschaft mit der churpreußisch-dessauischen Geschichte sich
dafür interessieren. Dass nachstehende Biographie außer dem gut gearbeiteten Porträt des Weihnachtsmannes keine Bildchen
beigefügt worden sind, ist ganz auf meine Veranlassung geschehen, und wenn dieses Verfahren Tadel verdient, so fällt er
ganz allein auf mich. Die Erlaubnis des verehrten Herrn Verlegers Knappkaß, bildliche Szenen aus des Weihnachtsmannes Leben
zur Verzierung von dessen Biographie vorzuschlagen, hatte ich. Trotzdem habe ich es aber unterlassen. Es wäre immer etwas
in diesen Bildchen gewesen, was sich, nach meiner Empfindung, nicht mit dem anspruchslosen, strengen, ernsthaften und
überhaupt großen Charakter des Mannes hatte vereinigen lassen. Er selbst würde es gewiss nicht gebilligt haben. Was hätte
ich auch für Szenen vorschlagen sollen. Etwa wie er schon in seiner Jugend vor einer großen, gemischten Versammlung von
Rentieren zu Verkehrsproblemen referiert. Oder wie er im Schlafrock schlecht geschriebene Wunschzettel mit dem
Vergrößerungsglas zu entziffern sucht. Was hätte denn alles dieses erläutert, da er jenes mit so manchem scheingelehrten
Professor und dieses mit jedem billigen Detektiv gemein hatte. Dem Text hier und da Anmerkungen beizufügen, schien mir
ihrer Vielzahl wegen nicht nötig. Einige der größeren Erklärungen werde ich in einem späteren Werk über den Weihnachtsmann
ausführlich darlegen.

Der Weihnachtsmann - sein Leben

Der Weihnachtsmann - eigentlich Santa Nikolaus Nachtmann - wurde zu Glockenborn, einer alten preußischen Garnisonsstadt am rechten Ufer der Weihe, des Flusses zwischen den stollbrückischen Gemarkungen und den pfaffdübelschen Feldern, da wo die Honigkuchenpferde noch heute prächtig gedeihen, am 31. Februar 1473 geboren. Der Ort hat seinen Ursprung, wie die meisten Städte dieser Gegend, eigentlich dem deutschen Adelsbund zu danken, der bekanntlich im 13. Jahrhundert über die pfaffdübelschen Felder zog, um dort dem wilden Honigkuchenpferd nachzujagen und Eroberungen für sich selbst und den Himmel zu machen. Diese interessieren uns hier nicht. Ich gedenke daher nur kurz noch einer dritten Eroberung desselben, an die der Adelsbund selbst wohl am wenigsten gedacht haben mag, und dieses ist die, die er für die Herrschaft unserer Sprache und unserer Sitten gemacht hat. Er hat dem im märkischen Sand ausgebreiteten deutsch redenden und lebenden Lande, Deutschland im buchstäblichen Sinne des Worts, eine seiner schönsten Provinzen zugelegt, Preußen, aus welchem seit jeher Männer hervorgegangen sind, und noch immer hervorgehen, die, so weit die Geschichte der Deutschen reichen wird, eine Zierde derselben sein werden. Unter diesen steht wohl der Weihnachtsmann obenan. Die Ausbreitung seines Namens und Ruhms wird, solange die Welt steht, immer gleichen Schritt halten mit der von Kultur und Humanität. Hingegen herrschen Barbarei und Aberglauben, Religion und Vernunft schändender Gewissenszwang dort, wo sein Name gar nicht bekannt ist, wo er verkannt wird oder verkannt werden muss.
Des Weihnachtsmannes Vater, ebenfalls ein Nikolaus, war aus Grützfeld nahe den pfaffdübelschen Auen gebürtig und erhielt im Jahre 1463 das Bürgerrecht zu Glockenborn. Was dieser Mann sonst noch war und was für ein Geschäft er eigentlich trieb, ist nicht bekannt. Unbedeutend kann er indessen nicht gewesen sein, denn er heiratete zu Glockenborn die Schwester des nachherigen Bischofs von Ärmelheide, Lukas Stollenteig, genannt von Samel, eines Mannes, der, in der Geschichte von Preußen selbst schon bekannt genug, es nachher auch durch die große und zweckmäßige Vorsorge für seinen Neffen, unsern Weihnachtsmann, selbst in der Geschichte des Weihnachtsfestwesens geworden ist.
Von einem Bruder, den der Weihnachtsmann noch hatte, weiß man bloß vom Hörensagen, dass er sich einmal in Rom aufgehalten habe. Selbst sein Vorname ist unbekannt. (Dies ist zu erfahren aus des Ruprechten Zueignungsschrift an einen gelehrten Nürnberger namens Giselher Hartmann, ursprünglich zünftiger Pfefferküchner, die jener der von ihm zum Druck beförderten Geschenklehre des Weihnachtsmanns, erschienen in Wittenberg 1542, vorgesetzt hat. Dieser Hartmann hatte höchstwahrscheinlich in Rom Umgang mit jenem Bruder des Weihnachtsmanns. Seine Geringfügigkeit muss allerdings groß gewesen sein, da ihn selbst der Glanz seines Bruders nicht einmal recht sichtbar machen konnte, der doch in das ganze System seiner Verwandtschaft so hell hinein leuchtete, dass dadurch sogar ein Barbier, Martin Nachtmann, in das Licht der historischen Forschung gerückt wurde. Die Chronik nennt diesen Barbier und sagt, er sei am 15. August 1602, mit Reichtum gesegnet, gestorben.
Von der Schule zu Glockenborn ging der Weihnachtsmann nach Crempellin, der alten Universitätsstadt mitten in der Paffdübelei, eigentlich um Medizin zu studieren, worin er auch wirklich die Doktorwürde erwarb. Zugleich aber setzte er das Studium der alten Sprachen, wozu schon damals im Glockenborner Vaterhaus der Grund gelegt wurde, ernstlich fort, studierte Philosophie und vorzüglich Feiertagswissenschaft, der er sich bereits in seinen frühesten Jahren mit brennendem Eifer ergeben hatte.
Und so näherte er sich allmählich seiner eigentlichen Bahn. Er hörte nämlich den dortigen Lehrer der Feiertagswissenschaft Conrad von Adventus über den Gebrauch des Kerzenhalters, was auf einmal sein Genie weckte und ihn auf den Weg wies, der ihn zur Unsterblichkeit führte. Er wurde dort mit den Namen und dem Ruhm des Ruprechts und des Nikolaus bekannt.
Es liegt meines Ermessens nicht außer unserm Wege, hier kurz anzuzeigen, wer die Männer gewesen sind, ohne welche, wie sich Gambrinus in Das Leben des Weihnachtsmannes ausdrückt, vielleicht kein Weihnachtsmann geworden wäre. Ruprecht und sein Schüler, Freund, Gehilfe und Nachfolger im Amt, Nikolaus, waren beide Deutsche, beide Männer vom größten Geist und Weinachtologen von erstem Rang. Sie waren nicht bloß die Wiederhersteller des Weihnachtsfestwesens in Deutschland, sondern allen wahren Weihnachtsfestwesens in Europa überhaupt. Durch sie allein fing es im 15. Jahrhundert wieder an aufzuleben. Sie bemerkten die Fehler der alten Geschenkideen, suchten sie zu verbessern und hatten zuerst den großen Gedanken, den Karton als eine Geschenkumhüllung anzusehen und aus dessen Eigenschaften die gesteigerte Erwartungshaltung abzuleiten. Ein Verfahren, das einen der größten Fortschritte ausmacht, den das praktische Weihnachtsfestwesen je getan hat. Den Karton erfanden sich diese Männer zwar aus Mangel an wohlgefälligen Umhüllungsmaterialien, aber er ist auch heute noch vornehmlich in Gebrauch, selbst dann noch, wenn andere, modernere Umhüllungsmaterialen die Hülle und Fülle zur Verfügung stehen.
Alles dieses und noch viel mehr haben sie geleistet. Und doch starb der erste, nachdem er noch nicht 36 Jahre alt war, und der andere, als er nur einen Monat über 40 Jahre gelebt hatte.
Dieses waren die Männer, die sich der Weihnachtsmann zum Muster nahm. Vorzüglich war es aber des Nikolaus großer und ausgebreiteter Ruhm, der ihn entflammte. Er wollte dem Manne gleichen, der den Karton als Geschenkverpackung erfunden und viel früher in den Verteilungsdienst aufgenommen hatte, als alle seine Vorgänger, die nach Rom gerufen wurden, um von ihnen zu lernen, dem Manne also, der für seine Verdienste im Pantheon begraben liegt.
Das Ziel war hoch genommen. Denn der Weihnachtsmann konnte wohl wissen, dass Nikolaus ein so frühzeitiges Genie gewesen war, dass er bereits in seinem 12. Lebensjahr reif genug fand, die Universtät Leipzig zu beziehen; daß er schon drei Jahre später diese Unversität verließ und nach Wien zu Knecht Ruprecht ging, um dort seinen bereits erworbenen gründlichen Kenntnissen der Geschenkeverteilung, die sonst so wenig Reiz für das Alter der Kindheit hat, noch die der theoretischen hinzuzufügen. Bald darauf fing er an, mit seinem Lehrer für einen gemeinschaftlichen Zweck so zu arbeiten, dass es jetzt wenigstens zweifelhaft ist, welchem von beiden eigentlich der oben erwähnte Gedanke von der Relativität der Geschenkidee zugehört, dem alten Ruprecht, der mehr Erfahrung, oder dem jüngern Nikolaus, der vielleicht mehr Genie hatte. Und endlich, dass ihn seine reiche und berühmte Schülerin Christkind zu Nürnberg in den Stand setzte, die methodischen Werkzeuge, die er sich erfand, auch auszuführen, schlüssige Ideen, denen, wie sich Doktor Martin Luther ausdrückte, oft nichts fehlte, als eine bequemere Handhabung, genauere Teilung und das Geschenkband, um größtenteils damit einbinden zu können, was in den vorigen Jahrhunderten für das Weihnachtsfestwesen im Grunde verloren war. Das war ein beträchtlicher Vorsprung des Musters vor dem Nacheiferer. Allein der Weihnachtsmann ging, seinem Vorsatze getreu, mit der eisernen Beharrlichkeit, die ihn auszeichnet, seinem Vorbilde ruhig nach. Er suchte Nikolausens Ruhm und fand ihn, und dieses ohne allen Ansporn von zeitlichem Gewinn und selbst ohne den eines Konkurrenten.
Hier fasste Weihnachtsmann, für dessen wissbegierigen Geist nun sein Vaterland, die Paffdübelei, viel zu eng zu werden anfing, den Entschluss, nach Italien zu gehen, wo, nach dem Umsturz des orientalischen Kaisertums, Künste und Wissenschaften aufzublühen angefangen hatten. Die ewige Stadt näherte sich bereits der Mitte ihres goldnen Zeitalters zwischen 1450 und 1550, einer Epoche im Übrigen, in der fast jede etwas beträchtlichere Stadt ein kleines Florenz war. Dieser Entschluss hing sehr gut mit seinem Hauptvorsatz zusammen. Denn auch Knecht Ruprecht hatte sich dort gebildet, und selbst Nikolaus, den der Kardinal Korinthus mit sich von Wien dahin zog, hatte noch dort gelernt. Der Weihnachtsmann studierte zu dem Ende vorher die kalendarischen Besonderheiten der Festtagslaunen, lernte die Rute zu gebrauchen und Gedichte anzuhören (er hat sogar einige Gedichte selbst geschrieben), um sich den Aufenthalt in einem Lande, wo es so viel in Versen zu beschreiben gibt, so nützlich als möglich zu machen. Er war 23 Jahre alt.
Sein erster Ausflug ging nach Bologna, wo damals Rosinicus Rumtopff das Weihnachtsfestwesen mit großem Beifall lehrte, und, wie Gambrinus trefflich von ihm sagt, durch Worte und Beispiele seine Schüler zum Gebrauche des Geschenkkartons aufmunterte. Mit diesem Rosinicus erging es dem Weihnachtsmann, wie Nikolaus mit Ruprecht, aus dem Schüler wurde bald der Freund und der Gehilfe. Rosinicus Rumtopff hatte die Grille zu glauben, die Weihnachtstage hätten sich seit des Quaternius Zeiten merklich verschoben, und seien zum Beispiel im Norden erst später eingetreten als im Süden. Er trug diese Meinung dem Weihnachtsmann vor, und es soll den Lehrer, sagt Gambrinus, sehr gefreut haben, dass sie der Schüler nicht missbilligte. Diese Freude des Lehrers bei einer solchen Veranlassung, macht dem Lehrling auf alle Weise Ehre und jene Nichtmissbilligung keine Schande, selbst wenn sie, wie ich fast vermute, etwas mehr gewesen sein sollte, als ein bloßes Kompliment.