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Märchen vom sehschwachen Annemierl und vom schl.
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Es war einmal, ganz weit, vor langer, langer Zeit, So lang schon wie vor einer kleinen Ewigkeit, Wer weiß schon noch genau, wie es gekommen, Dass Hans, nach ewigem Verborgensein, Just am Geburtstag erdseits Platz genommen, Um auch einmal am Leben sich zu freun. Sogleich kommt´s Annemierl und packt am Kragen Ihn fest. Ohne ein Wort noch drein zu fragen, Hat sie mal gradeaus, mal hoch im Bogen, Die Kreuz und Quer ihn hin und her gezogen, Von diesem weg bis dran an jenen Weltenrand, Wo zwischendrein er vieles zum Bestaunen fand. Hans hat auch manchen vollen Krug daneben Geleert auf dieses insgesamt doch schöne Leben. Doch kam die Stunde, da ward´s ihm verdrießlich: Er wollte wieder was genau besehn, doch schließlich Gab ers auf. Es half ihm selbst der beste Wille Nichts, und er entschied: Ich brauche eine Brille. Beim Optiker ging´s freundlich zu und schnell, Er konnte wieder sehen durch ein modisches Gestell, Die Linsen leicht und klar. Die Welt ganz voller Neuer Überraschungen: Je oller desto toller, Bemerkte Hans, von jedem zarten Ding begeistert, Weil erst der Brillenblick das wahre Leben meistert. Ferner auch die schönen Schalen, welche haften, Ihm eine angenehme scharfe Sicht verschafften. So konnte hinter allem nunmehr er verschmitzt, Entdecken, wo der echte Kern des Pudels sitzt. Was hilft den schwachen Augen das Gegrübel, Was sichtbar bleibt, ist ganz und gar nicht übel. Hans freuet sich, dass er den Weg zu rechten Stunden Zu Meister (Name), seinem Optiker gefunden. Jetzt sieht so gut bei Tag er wie bei Nacht, Was er verloren gab, kommt wieder in Betracht. Da naht das Annemierl und sagt: Mein Lieber, Es ist soweit, sieh hin, dein Tagemaß wird trüber. Sagt Hans: Liebs Annemierl, ich kann es sehen, Dass meine Aktien nicht zum schlechtsten stehen; Komm bitte nicht, um mir die Zeit zu stehlen, Ich kann dir einen guten Optiker empfehlen, Sofern es leider dir an Augenkraft gebricht, Drum sei so gut, hab mich zum besten nicht. In (Ort), mitten in der Stadt, Am Markt, wo Meister (Name) seinen Laden hat, Dort gehe hin getrost und lasse dich beraten, Wirst sehn wie andre, welche dies Geschäft betraten, Dass die exakten Linsen vor den schwachen Augen Allein nicht nur zum Lesen eines Tagemaßes taugen, Sich vorteilhaft vielmehr in diesen Weltenkreisen Und auch bei jeder anderen Gelegenheit erweisen. Das Annemierl nahm diesen guten Rat zum Ziele Und ließ bei Optikmeister (Name) sich begrüßen. Haftschalen waren da und schöne Brillen viele, Die sie gern mitgenommen hätt´. Doch leider fließen Bei Annemierl, in ihrer beitraglosen Geisterklasse, Die Quellen nicht so wie bei einer Krankenkasse. Eine Brille nahm sie mit und zwei Paar Schalen, Und konnte trotz der Knappheit alles bar bezahlen. Geschärften Blicks verließ sie das Geschäft und stolz Schaute sie rings und schwang sich auf ihr Holz. Noch eine Runde flog sie, übern Markt hin lachend, Dann verschwand nach Norden sie recht krachend. Hans ward dank Brille diesentags mitnichten ihre Beute. Und wenn er nicht verstarb, so lebt er auch noch heute.
Was dem Auge die Brille, ist für die Seele der Witz; was dem einen fehlt, gibt das andere hinzu.
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